Mit 152 Booten durch die Nacht – Ærø Rund Regatta 2024

Mit unserem mit einem dicken Augenzwinkern auf „TeamToke Youngster Racing Team“ getauftem (immerhin - Altersschnitt noch 28 Jahre ...) starteten wir zur 29. Ærø Rund Regatta. Das Konzept ist einfach: Start vor Kiel-Schilksee am Samstagabend, durch die Nacht zum Ziel vor Ærøskøbing, danach durch die Fahrrinne nach Marstal, einen entspannten Samstag auf Ærø verbringen und dann am Sonntag die mit 29sm etwas kürzere Rückregatta nach Kiel – letzendlich also einmal um Ærø herum.

Praktischerweise konnten wir das Boot nach der Nordseewoche noch in Regattaausstattung übernehmen. Somit ging es am Freitagmittag nochmal aufs Wasser, ein paar Gennakermanöver trainieren. Anschließend Fischbrötchen in Schilksee, Johanna und Philipp, die noch arbeiten mussten, trafen ein und es ging zur Steuerleutebesprechung. Spätestens da wurde uns nochmal die Größe des Feldes bewusst – 152 gemeldete Boote bedeutet eine riesige Truppe bei der Besprechung, auch für die Veranstalter ein Rekord. Und dann hieß es auch schon Ablegen - gar nicht so leicht, überhaupt eine Lücke in der Boxengasse zu finden, wenn das 152 Boote gleichzeitig versuchen.



Neben der ORC-Wertung, für die wir gemeldet hatten, gab es noch Yardstick-Gruppen mit und ohne Spinnaker sowie eine Double-Hand Wertung. Wir hatten als Teil der Gruppe ORC A den letzten Start um 21:30. Raumschots ging es über die Startlinie und wir zogen den A2. Auf einem wunderbaren Anlieger unter Gennaker rauschten wir über die Ostsee und zogen an einem Großteil des Feldes vorbei - daran könnten wir uns gewöhnen. Taten wir auch, bis zur Südspitze von Lyø ließen wir fast 140 Boote hinter uns.



Südlich von Lyø ging es für uns (zu diesem Zeitpunkt in den Top 20) um die Kardinaltonne „Skrams Flak“, zum Abschluss stand uns noch eine kurze Kreuz bis ins Ziel bevor. Ein beeindruckender Anblick war, wie die Positionslichter von über 100 Booten zu beobachten, die bei der Tonnenrundung von grün auf rot wechseln.



Um 03:57 überquerten wir die Ziellinie, pünktlich zu einem dramatischen Sonnenaufgang. Unter Motor und Bassmusik ging es durch die Fahrrinne nach Marstal, die Laune trotz wenig Schlaf spitze. Nach einer nervenaufreibenden Liegeplatzsuche am frühen Morgen (dem geringen Wasserstand im Hafen geschuldet) gab es noch das ein oder anderen Anlege-Getränk auf dem Sonnendeck. Die anderen Boote trudelten nach und nach ein und wir beschauten uns das Hafenkino, bevor wir uns dann in unsere Kojen verkrochen, um etwas Schlaf nachzuholen. Am Nachmittag machten wir einen kleinen Spaziergang über die Insel und trafen auch die Crew von Wilkos Zora, die ebenfalls unter ASV-Stander dabei war, bevor es zur Siegerehrung mit Buffet ging. Am Ende konnten wir mit einem 5. Platz von 10 Teilnehmern in unserer Gruppe zufrieden sein, in der ORC Gesamtwertung Platz 7 von 20.



Für die Rückregatta am Sonntag bahnte sich ein langer Tag an – zwar waren 14 Knoten Wind vorhergesagt, nur die Richtung machte uns noch nicht ganz glücklich. Bekanntlicherweise gibt es ja beim Segeln nur drei Arten von Wind: Zu viel, zu wenig und von vorne. In diesem Fall war es Letzteres. Der Start lag direkt an der Südspitze Ærøs, ziemlich in der Mitte auf dem Kurs Richtung Kiel Leuchtturm gab es noch ein Gate, dass alle Teilnehmer durchfahren mussten. Wir entschieden uns für einen ersten Kreuzschlag Richtung Kappeln, um dann auf der Layline zum Gate zu wenden, die Wettervorhersage versprach hier mehr Wind und zunächst Streckbug segeln ist eh immer gut. Theorie ist das eine, Praxis das andere – kurz nach dem Start fanden wir uns zusammen mit den anderen der Startgruppe in einer ziemlichen Flaute wieder. Wir wechselten das Vorsegel, von der J2 auf die J1, die steht besser, aber so richtig schneller wurds nicht… Zusätzlich wurde der „Bassantrieb“ aktiviert, und so langsam nahm Toke wieder Fahrt auf, und so ging auch die Stimmung an Bord wieder bergauf. Einige Winddreher später auf dem Weg zum Gate ging das Rechnen los: Wir fahren 40° TWA, an der Tonne können wir etwa 45° abfallen – bei 8 Knoten Wind würde das gerade so reichen, um den roten A3 zu setzen. Also fix die Gennakerschoten angeschlagen, alles vorbereitet, um die Tonne – und tatsächlich, 85° TWA, der Genni geht hoch und wir starten unsere Aufholjagd.



Immer weiter Richtung Kiel und in Richtung der schwarzen Gewitterwolken am Himmel – wie viel Wind uns die wohl bringen werden? Kurz vor dem Leuchtturm frischt der Wind dann auf 14-16 Knoten auf, hat zudem etwas gedreht, der A3 geht runter und zwei letzte Kreuzschläge bringen uns über die Ziellinie – dank Bahnverkürzung direkt am Leuchtturm Kiel. Dank der Flaute hat sich das riesige Feld enorm zusammengeschoben, sodass auf der Ziellinie richtig viel los ist – die Zeitnahme der Zielzeiten wird hier für die Zielschiff-Crew noch zur Herausforderung. Ohnehin wurden alle Crews vorab von der Wettfahrtleitung gebeten, auch selbst an Bord die Zielzeit zu nehmen und der Wettfahrtleitung zum Abgleich zur Verfügung zu stellen.



Wir machen uns auf Richtung Schwentine, schließlich müssen wir noch das Boot aufräumen und zurück nach Hamburg. Fast hätten wir es trocken an den Steg geschafft, am Ende fehlen uns 20 Sekunden – wir legen noch fix in einem heftigen Regenschauer an und verkriechen uns unter Deck. Boot aufgeräumt und nach Hause gedüst – auf welchem Platz sind wir denn nun eigentlich gelandet? Die finalen Ergebnisse brauchen noch etwas Geduld, das Orga-Team muss erstmal die 152 Boote, die innerhalb von nur 2h das Ziel passierten, sortieren.

Einige Tage später werfen wir ungläubig einen Blick auf die finalen Ergebnislisten: Wir gewinnen bei der Rückregatta Ærø - Kiel unsere Wertung ORC A! Insgesamt, also Hin- und Rückregatta zusammen landen wir dadurch auf Platz 2 in der Gruppe ORC A. Ein großartiges Ergebnis bei einer wunderbaren Regatta, die uns supergut gefallen hat – hier kommen wir gerne wieder! Herzlichen Dank für die Organisation an die ausrichtenden Vereine (Segel Club Baltic, Schilkseer Yacht-Club, Segler-Vereinigung Kiel und Yacht-Club Gode Wind). Für uns als Crew geht es schon zwei Wochen später weiter: am 29. Juni starten wir beim Silbernen Band, der Langstreckenregatta der Kieler Woche – wir freuen uns drauf!